Hörgeräte
Das erste Hörgerät wurde Ende des 19. Jahrhunderts von Werner von Siemens entwickelt. Er nutzte die damals neue Telefontechnik und konzipierte einen Telefonhörer für Schwerhörige, welcher das bis dato verwendete Hörrohr ablöste. Mit diesen Lösungen haben moderne Hörgeräte nichts mehr zu tun - abgesehen vom Anspruch, Menschen mit Hörverlust das Verstehen zu erleichtern.
Heutige Hörsysteme werden stetig weiterentwickelt, sind technologische Wunderwerke – und das müssen sie auch sein. Nur so schaffen es Hörgeräte, das Hören für Schwerhörige beinahe so natürlich zu machen, wie es mit gesundem Gehör einmal war. Ob Im-Ohr- oder Hinter-dem-Ohr-Hörgerät, mit Akku oder Batterie; Hersteller von Hörgeräten entwickelten und entwickeln ein breites Sortiment, das für jeden Geschmack, jeden Hörverlust und jeden Komfort-Wunsch die richtige Lösung zu bieten hat.
Akku
Der Schritt weg von der Batterie zum Lithium-Ionen-Akku beschreibt einen Meilenstein in der Hörgeräte-Historie. Akkus machen die Nutzung von Hörgeräten komfortabler: Der lästige Batteriewechsel entfällt, das erspart im Jahr bis zu 185 Batterien. Außerdem lösen Akkus Streaming-Probleme. Denn während die Batterie-Laufzeit bei Streaming durch den erhöhten Energieverbrauch erheblich litt, meistern Li-Ionen-Akkus diesen mit Leichtigkeit.
Bluetooth
Audio-Streaming per Bluetooth ermöglicht den Nutzern Vorteile, die über die des verbesserten Sprachverstehens hinausgehen. Fernsehton, Musik oder Radio kann vom Abspielgerät direkt in die Hörsysteme gestreamt werden. Im Vergleich zur rein mikrofonalen Aufnahme des Raumklangs ist der Ton klarer und frei von Verzögerungen. Per Bluetooth können Hörgeräte außerdem diskret und umfangreich über das Smartphone bedient werden.
Sprache
In den letzten Jahren hat sich viel getan: Layer-Technologien lassen Raumtiefe erkennen, Richtmikrofone stellen sich auf die Richtung des Sprechenden ein, Bewegungssensoren erkennen die momentane Hörsituation, Durch Own Voice Processing klingt die eigene Stimme natürlich, schnellere Signalwege minimieren Verzögerungen und den lange für unabänderlich gehaltenen blechernen Klang – bereichernde Technologien, die man früher nie für möglich gehalten hätte.
Im-Ohr-Hörgeräte
Der Grund, wieso viele Menschen vor einer Hörgeräteversorgung zurückschrecken? Sie wollen nicht, dass man ihnen den Hörverlust ansieht. Eine Lösung für dieses Problem sind IdO (In-dem-Ohr)-Hörgeräte. Sie sitzen so tief im Gehörgang, dass sie von außen nicht zu erkennen sind. Damit die Hörsysteme schalldicht sind und fest im Ohr sitzen, werden sie immer individuell an die Form des Gehörgangs angepasst.
Neben Diskretion bieten Im-Ohr-Hörgeräte einen weiteren entscheidenden Vorteil: Da sich auch die Mikrofone im Ohr befinden, kann die Ohrmuschel wie bei Normalhörenden zur Schallaufnahme mitgenutzt werden. Richtungshören muss also nicht simuliert werden, sondern passiert ganz natürlich.
Allerdings müssen Nutzer von IdOs auch Abstriche machen. Nicht alle Funktionen haben Platz in den kleinen Geräten. So kommt es vor, dass ein Hersteller bei seinen IdOs zwar denselben Technologie-Chip wie bei den Hinter-dem-Ohr-Hörgeräten verwendet, sie durch den Platzmangel aber nicht das volle Potential entfalten können. Gerade für Li-Ionen-Akkus fehlt oft der Platz, deshalb können auch heute noch viele Im-Ohr-Hörsysteme nur mit Batterien betrieben werden.
Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte
Jeder kennt sie: Die klobigen, hautfarbenen, pfeifenden Geräte hinter den Ohren, die sofort suggerieren: Diese Person ist schwerhörig. Dabei entspricht dieses Bild in keiner Weise mehr dem eines modernen Hörgeräts. Auch Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte sind kleiner geworden und fallen anderen oft nur noch dann auf, wenn man sie aktiv darauf hinweist.
Ursprünglich war der Hörer bzw. Lautsprecher als Teil des Geräts hinter dem Ohr platziert. Durch einen Schallschlauch wurde der Klang dann ans Ohr getragen. Bei der vergleichsweise neuen RIC (receiver in canal)-Bauweise verlagerte man den Hörer ins Ohr. Damit konnten Platz beim Gerät hinter dem Ohr und der sichtbare Schallschlauch eingespart werden.
HdO-Hörgeräte ermöglichen je nach Preisklasse die gesamte Bandbreite der Technologien, die ein Hersteller entwickelt. Die Funktion der Ohrmuschel übernehmen Richtungsmikrofone, die sich automatisch in Richtung wichtigster Gesprächspartner ausrichten können. Zunehmend sind HdO-Hörgeräte außerdem mit Li-Ionen-Akkus ausgestattet. Geladen werden die Hörsyteme über Nacht in einer dazugehörigen Ladeschale.
Signia Hörgeräte
Signia als Teil der Unternehmensgruppe Sivantos (vormals Siemens) blickt auf eine lange Hörgerätetradition zurück. 1878 erfand Werner von Siemens das erste Hörgerät auf Basis von Telefontechnik und konnte damit das Hörrohr ablösen. 1966 etablierte Siemens das weltweit erste Im-Ohr-Hörgerät. Heute ist Signia an vorderster Front der Hörgeräte-Innovationen tätig. Neben einer maßgeblichen Beteiligung am Li-Ionen-Trend setzt Signia dem immer noch vorherrschenden Hörgeräte-Stigma immer wieder auch unkonventionelle Lösungen entgegen: Signia Styletto erhielt aufgrund seiner untypischen, modernen Form mehrere Design-Awards und Signia Active nutzt den Hearable-Boom für das weltweit erste vollwertige Hörsystem mit Earbud-Look and Feel.
Phonak Hörgeräte
Der 1947 gegründete Schweizer Hersteller Phonak ist heute einer der wichtigsten Anbieter von Hörgeräten auf dem deutschen Markt. Bekannt ist Phonak für die Entwicklung einzigartiger Geräte wie im Jahr 2011 der „Konataktlinse fürs Ohr“, die völlig unsichtbar direkt vor dem Trommelfell eingesetzt und rund um die Uhr getragen werden kann. Darüber hinaus wartet Phonak regelmäßig mit Innovationen im klassischen Hörgerätesegment auf, deren Ziel die noch natürlichere Wahrnehmung der Umgebung ist. In über 100 Ländern vertreten, entwickelt Phonak seine Technologien vorrangig für die höheren Preisklassen.
Oticon Hörgeräte
1903 erstand der Däne Hans Demant, inspiriert von der englischen Kronprinzessin Alexandra, ein Hörgerät für seine schwerhörige Frau. Begeistert von der Technik fing er an diese Geräte in seiner Heimat Dänemark zu vertreiben, bis seine Firma 1940 das erste eigene Hörsystem auf den Markt brachte. Nach der Umbenennung in Oticon im Jahre 1946 mauserte sich der Hersteller schnell zu einer bedeutenden Größe im Hörgeräte-Segment: 1977 das erste Im-Ohr-Hörsystem, 1996 das erste Hörgerät mit voll digitaler Technik, bis 2014 die BrainHearing-Philosophie entwickelt wurde, die auch die heutigen Oticon-Hörgeräte prägt: „Besseres Hören beginnt im Gehirn“, so das Credo. BrainHearing gibt dem Gehirn die Chance, selbst zu entscheiden, welche Klänge wichtig sind.
Starkey Hörgeräte
Nachdem sich der 1967 gegründete Hörgeräte-Reparaturservice Starkey zu einem eigenständigen Hersteller entwickelte, gehört das nach wie vor inhabergeführte Unternehmen heute zu den größten Konkurrenten weltweit. Der amerikanische Hersteller nimmt dabei eine Außenseiterrolle ein, nicht ganz unbegründet durch das Abheben vom Rest der Hörgerätehersteller. Das 2010 entwickelte IIC SoundLens als komplett unsichtbares, kleinstes digitalprogrammierbares IdO-Hörsystem, sorgte für Aufsehen, ebenso wie das 2019 erschienene Livio Edge AI, das neben den typischen Hörgeräte-Funktionen auch mit Lifestyle Features wie Fitness Tracker, Sturzdetektor und künstliche Intelligenz punkten konnte.
ReSound Hörgeräte
Als weiterer Außenseiter konnte ReSound sich in den Reihen der großen Hersteller positionieren. Der dänische Mutterkonzern GN besteht bereits seit 1869. 1943 formierte sich der Ableger ReSound, der heute vor allem für smarte, intelligente Hörlösungen bekannt ist. Große Aufmerksamkeit konnte 2014 erregt werden, indem der dänische Hersteller das erste Hörgerät auf den Markt brachte, dass mit einem iPhone verbunden werden konnte – der Grundstein für das heute etablierte Streaming per Smartphone.
Li-Ionen-Akku Technologie
eine Umfrage des Verbraucherportals meinhoergeraet.de machte den Trend sichtbar: Li-Ionen-Akkus sind auf dem Vormarsch – nicht ohne Grund setzen immer mehr Hörsystemehersteller auf die praktische Alternative zur herkömmlichen Batterie. Die Vorteile liegen auf der Hand: Während man Batterien immer mit sich führen muss, um ein drohendes Power-Aus zu verhindern, kann man sich bei Akkuhörgeräten entspannt zurücklehnen. Diese steckt man über Nacht in die Ladeschale, um sie am nächsten Morgen vollgeladen wieder einsetzen zu können. Und apropos Ladeschalen: Auch hier haben sich Hersteller Gedanken gemacht. Neben stationären Ladegeräten bieten viele Hersteller auch mobile Charger an, mit welchen man die Hörgeräte auch ohne Stromquelle bis zu viermal aufladen kann. Weitere Charger-Variationen können die Hörgeräte während des Ladevorgangs sogar trocknen und desinfizieren.
Auch in Punkto Streaming besitzen Akkuhörgeräte einen großen Vorteil gegenüber den Batterievarianten, denn diese halten dem erhöhten Energieverbrauch oft nur wenige Stunden stand. Mithilfe von Li-Ionen-Akkus konnte dieses Manko behoben werden. Viele Hersteller versprechen eine Akkulaufzeit von 20 Stunden und mehr inklusive einiger Stunden Streaming.
Streaming via Bluetooth
Es begann mit Fernbedienungen, ging weiter mit Bluetooth Audio-Transmittern und ist heute bei einer Lösung angekommen, die beides vereint: Per Bluetooth kann heute jedes Hörgerät mit dem Smartphone verbunden werden. Dabei dient das Handy gleichzeitig als Fernbedienung und als Audioplayer. Lange nur für iPhones verfügbar, ist Bluetooth-Streaming nun auch zunehmend über Android-Smartphones mit ASHA(Audio Streaming for Hearing Aids)-Protokoll möglich. Viele moderne Hörgeräte sind multitaskingfähig, können also mit mehreren Streamingquellen gleichzeitig verbunden werden, was beispielsweise ermöglicht, ein Telefonat entgegenzunehmen, während der Fernseher läuft – beides mit Ton über die Hörsysteme. Aber keine Sorge: Für Hörgeräteträger ohne Smartphone ist die Bedienung über eine Fernbedienung nach wie vor möglich.
Um Fernseher, Stereoanlage oder Radio mit den Hörgeräten zu verbinden, müssen Bluetooth-Transmitter genutzt werden, die es bei jedem Hersteller separat zu erwerben gibt.
Sprache natürlich erleben mit Hörgeräten
Die größte Herausforderung für Menschen mit Hörverlust ist das Verstehen von Sprache. Diese Problematik zu lösen, ist demnach zentraler Bestandteil bei der Entwicklung von Hörgeräten. Das geschieht zunächst auf Basis der reinen Verstärkung von Eingangssignalen, genauer der Verstärkung derjenigen Frequenzen, die das geschädigte Gehör weniger gut wahrnehmen kann. Das geschieht mithilfe von Frequenzkanälen, die separat steuerbar sind und das gesamte Klangspektrum von hohen bis tiefen Tönen unterteilen. In der Regel sind je nach Preisklasse des Hörsystems mehr oder weniger Frequenzkanäle einstellbar. Je mehr Frequenzkanäle zur Verfügung stehen, desto feiner kann das Hörgerät auf den individuellen Hörverlust angepasst werden.
Für die räumliche Orientierung entscheidend, ist zu erkennen, aus welcher Richtung ein Ton kommt. Ein gesundes Gehör nutzt dazu das Zusammenspiel beider Ohren und erkennt, an welcher Seite der Schall zuerst ankommt. Essentiell ist auch die Ohrmuschel, die ähnlich wie ein Trichter den Schall einfängt und zu erkennen gibt, ob sich die Schallquelle vorne oder hinten befindet. Da bei HdO-Hörgeräten die Mikrofone für gewöhnlich hinter dem Ohr sitzen, muss das Richtungshören mithilfe von Richtmikrofonen simuliert werden. Viele moderne Hörgeräte können diese Mikrofone automatisch auf den wichtigen Gesprächspartner ausrichten, über die App kann oft auch nachjustiert werden. Gegenstand aktueller Forschung ist die Nutzung von künstlicher Intelligenz, um den Hörgeräten die Alltagsmechanismen des Trägers anzutrainieren. Damit „lernen“ die Hörgeräte in welchen Situationen welcher Gesprächspartner am wichtigsten ist. Auch Bewegungssensoren kommen bisweilen zum Einsatz: Diese erkennen beispielsweise, ob der Nutzer der Hörgeräte im Moment spaziert und fokussieren sich automatisch auf das Gespräch mit der Nebenperson.
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